Mit Notizblock durch die Nacht

2014-07-11 18-41-39_0034Notizen helfen mir beim Denken. Andere Menschen ziehen sich dazu Laufschuhe an und gehen joggen. Wieder andere sind in der glücklichen Lage, dass sie schon beim Denken denken können. Für mich wäre das ideal. Nachdenken, während man nachdenkt. Ich muss aber nebenher schreiben. Nebenher stimmt nicht, erst schießt mir etwas in den Kopf, und damit es nicht verschwindet, muss ich es notieren. Dafür liegen überall in der Wohnung Stifte und Schmierpapier herum. Oft wache ich nachts auf und schaffe es nicht, wieder einzuschlafen. Dann fallen mir hochinteressante Dinge ein. Ich überlege, ob ich das Licht anschalten und aufschreiben muss, was mir durch das schlaftrunkene Hirn geht.

Je länger ich grüble, ob mir ein wirklich guter Gedanke nicht bis zum Morgen erhalten bleibt, desto mehr überkommt mich die Angst, er könnte sich in Nichts auflösen, ganz egal, wie gut er ist. Die Angst, ich könnte am Morgen bereuen, dass ich zu faul gewesen bin, mir zwei, drei Sätze zu notieren, treibt mich aus dem Bett. Denn in der Schublade des Nachttischchens, wohin ich Zettel und Stifte gelegt zu haben meine, liegen nur Taschentücher. Meine Blöckchen und Stifte verschwinden und tauchen nirgends wieder auf. Irgendjemand scheint sie zu fressen. Das Aufstehen und Suchen regt meinen Kreislauf dermaßen an, dass ich den Rest der Nacht wach liege, bis ich gegen fünf Uhr oder noch später, wieder einschlafe und nicht weiß, wo ich bin, wenn der Wecker um 6.40Uhr piept.

Ich krieche zurück unter die Warme Decke, und auch wenn ich im Liegen nicht gut schreiben kann, halte ich schnell fest, was sonst unwiederbringlich verloren wäre. In Stichworten nur, das reicht, ich muss mir meine Gedanken nicht selber erklären. Was wichtig ist, unterstreiche ich, oder ich ziehe mit dem Kuli einen Rahmen um das Wort und lege den Zettel beruhigt zur Seite.

Die Zettel sammle ich einer Schuhschachtel, die angefangenen Notizblöcke auch. Es werden immer mehr, weil ich, wenn mir unterwegs etwas Dringendes einfällt, mir jedes Mal im Schreibwarenladen einen neuen Block kaufen muss, weil der, der eigentlich in meiner Handtasche sein sollte, im Einkaufsbeutel zu Hause liegt.

Nun trat der seltene Fall ein, in dem ich einen Einfall hatte und auch gleich das Schreibzeug in Griffweite lag. Rasch schrieb ich mir auf, was so wichtig war. Dann blätterte ich zurück, um zu sehen, in welcher Reihe glorreicher Ideen diese stand. Das meiste war unleserlich. Ich blätterte weiter, hingeschmiertes Zickzack, nie werde ich das wieder entziffern können. Dann, in Großbuchstaben „mangelnder Respekt, nicht mangelnde Liebe!!!“ Weiß der Himmel, was ich damit meinte. Trotzdem muss ich weiterschreiben, nicht, um es hinterher zu lesen, sondern weil mir die Ideen nur kommen, wenn sie auch aufgeschrieben werden.


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